Helleborus-Freunden ist bekannt, daß sich die besten Keimergebnisse von Helleborus-Hybriden bei sofortiger Aussaat nach der Samenreife erzielen lassen.
Marlene Ahlburg schreibt:
»Am besten sät man sofort nach der Ernte in tiefe Tontöpfe, die nur zur Hälfte mit Erde gefüllt sind. Man benötigt kein besonderes Aussatsubstrat, wenn die Erde, in der die erwachsenen Pflanzen stehen, nicht zu grob ist. Man legt die Körner auf die Erde, denn Helleborus sind Lichtkeimer, zumindest stört sie das Licht nicht, und es ist praktisch, weil die Samen so beobachtet werden können. Man wählt recht tiefe Töpfe, weil die Sämlinge schnell sehr lange Wurzeln bilden.
Die Töpfe mit den Samen werden dann an einen schattigen Platz eingesenkt, aber so, daß ihr Rand aus der Erde herausragt, und bei Dauertrockenheit wird dafür gesorgt, daß die Erde darunter nicht austrocknet. Ansonsten überläßt man sie dem Wetter.
Sobald das Laub fällt, bedeckt man die Samen damit, streut aber vorher gegebenenfalls Schneckenkorn hinein, ebenso um die Töpfe herum« (1).
Mit der empfohlenen Abdeckung mit Eichen- oder Birkenlaub ergibt sich wohl ein Klima bezüglich Wärme und Luftfeuchtigkeit, das den natürlichen Verhältnissen bei der Keimung am Wildstandort nahekommt. Ich decke die Töpfe - es müssen nicht unbedingt
Tontöpfe sein, ich benutze hohe Rosen-Container - mit Drahtgeflecht ab, um die Vögel und andere Tiere vom Scharren abzuhalten. Mit dieser Methode habe ich sehr gute Ergebnisse erzielt. Doch was passiert, wenn man später, oder sehr viel später, im Herbst oder Winter, das Saatgut erhält?
Dieser Frage ist Thomas Seltmann (2) in seiner Diplomarbeit (unter Prof. Dr. Bernd Hertle, Institut für Stauden und Gehölze der Fachhochschule Weihenstephan) nachgegangen.
Die Fragestellungen seiner Arbeit waren:
»1. Welchen Einfluß hat der Zeitpunkt der Saatguternte auf das Keimergebnis und die Keimzeit von Helleborus-Hybriden?
2. Bewirken unterschiedliche Gibberellinen-Konzentrationen ein besseres Auflaufergebnis?
3. Beeinflußt ein Wärme-Kältereiz-Verfahren die Keimung der Samen?«
Die Ergebnisse seiner Arbeit zusammengefaßt ergaben (zitiert aus dem Artikel):
»Der Reifegrad des Saatgutes ist für das Keimergebnis der Helleborus-Hybriden von entscheidender Bedeutung. Die ideale Reife haben die Samen, wenn sie gerade vollständig schwarz gefärbt sind. Das Saatgut geht trotz dreimonatiger Lagerung
nicht vollständig in eine Keimruhe über. Eine Gibberellin-Behandlung führte bei frisch geerntetem Saatgut zu keiner Verbesserung der Keimrate. Die Behandlung frisch geernteter Samen als Kaltkeimer stellte sich als negativ heraus. Es kann sogar in Betracht gezogen werden. daß erst eine Kälteeinwirkung auf die Samen eine Keimruhe auslöst.«.
Er fand weiterhin heraus, daß die Keimraten für Aussaaten in der 24. bis 26. Kalenderwoche um die 80 % lagen. Die mittlere Keimzeit lag für Aussaaten zwischen der 21. und 26. Kalenderwoche fast auf gleichem Niveau von durchschnittlich 192 Tagen. Säte man aber erst
in der 38. Kalenderwoche, verkürzte sich die Keimdauer um bis zu 70 Tagen. Die Keimrate sank allerdings knapp unter 50 %.
Herr Seltmann schreibt weiter:
»Mittels weiterer Versuche ist zu klären, ob durch eine längere Lagerung des Saatgutes eine Keimruhe von Helleborus-Saatgut ausgelöst wird, ... und durch welche Faktoren (Kälte, Wärme, Wasserentzug) diese gegebenenfalls bedingt sind. Eine weitere Fragestellung wäre
dann, ob sich durch eine spezielle Lagerung des Saatgutes der Eintritt in die Keimruhe vermeiden oder zumindest verzögern läßt. Außerdem ist zu klären, welches die effizienteste Art der Brechung der Keimruhe ist«.
Ob das Substrat eine Auswirkung auf die Keimung hat, wäre auch eine Frage; ebenso, ob Helleborus Lichtkeimer oder Dunkelkeimer sind. Hoffen wir, daß sich im Institut jemand für die Fortführung der Untersuchungen findet.
Für Helleborusfreunde scheint mir wichtig, daß die Ergebnisse der Untersuchung von Thomas Seltmann über die Keimraten und die mittlere Keimzeit in Abhängigkeit vom Aussaat-Termin durch Eva Augart(3)bestätigt wurden. Diese Kriterien, von mir in einer Grafik zusammengefaßt, zeigen deutlich, daß die Saat von Helleborus-Hybriden spätestens im September, besser im August, ins Saatbeet gebracht werden muß. Interessant ist, daß sich dann die Keimzeit um ca. 60 Tage verkürzt. Eva Augart folgert aus diesem Verhalten, daß die Samen von Helleborus-Hybriden eine Zeit der Nachreife benötigen.
Von der Annahme, daß Helleborus-Hybriden Kaltkeimer sind, kann man sich getrost verabschieden.
Durch tiefe Lagertemperaturen wird das Eintreten der Keimruhe sogar beschleunigt. Bleibt die Frage offen, durch welche Lagerbedingungen (Luftfeuchtigkeit, Temperatur usw.) sich die Keimruhe hinauszögern oder gar vermeiden läßt.
Autor: Harald Berger
(1) Marlene Ahlburg, Helleborus, Ulmer, 1989
(2) Diplomarbeit Thomas Seltmann, in DeGa 3/2000
(3) Diplomarbeit Eva Augart, in DeGa 20/2001