Bericht zur Tagung der Fachgruppe Hemerocallis 2023
Text: Christina Tamberg – Fotos Frohreich, Sievers, Woschek
Wie jedes Mal, wenn es zu einem Treffen der Hemerocallis-Liebhaber geht, befindet man sich als Teilnehmer in erwartungsvoller Vorfreude. Der Grund dafür mag bei den Mitgliedern unterschiedliche Gründe haben. Die einen freuen sich auf das Wiedersehen mit alten Bekannten, die anderen hoffen, neue Eindrücke von der Weiterentwicklung der Taglilien durch die gerade bei dieser Gattung schnell fortschreitende Züchtung zu bekommen. Diesmal lockte das „Schöne Osnabrücker-Land“ mit dem vielversprechenden Garten von Jens-Peter und Katrin Frohreich in Glandorf-Schwege, südlich von Osnabrück. Bei der Anfahrt in ihrer Straße brauchte man keine Hausnummer, schon von Weitem konnte man die überbordende Fülle des Vorgartens sehen, die alle Bemühungen der Nachbarn, es ihnen gleichzutun, in den Schatten stellte. Hier konnten größere Horste von Taglilien in Kombination mit Begleitpflanzen bewundert werden. Eine solche Möglichkeit, auch den Vorgarten so üppig gestalten zu können, haben wir in unserer Großstadt nicht. Hier muss alles eingezäunt und damit geschützt werden vor fremden Zugriffen. Dadurch ergibt sich ein völlig anderes Bild in Verbindung mit der Umgebung und wir können nur neidvoll die gelungene Kombination des im Norden Deutschlands vorherrschenden Baustils von Fachwerk mit Klinkersteinen mit einer üppigen Gartenanlage bewundern.
Nun wächst ja so ein Kleinod nicht von allein heran, sondern dahinter stehen unsere Gastgeber, die mit Kenntnisreichtum im Gärtnerischen und Einsatz eigener Kraft in den begrenzten freien Stunden tätig waren. Der hinter dem Haus gelegene Garten überraschte auf andere Art. Denn die vorhandene Fläche von weniger als 1000 Quadratmetern muss für mehrere Tausend Taglilien, Sorten anderer Züchter, aber auch für eigene Sämlinge aus mehreren Jahren, sowie für einige Begleitpflanzen wie Rosen, Cornus, Clematis, Hortensien, aber auch einigen Nutzpflanzen ausreichen. Von den vorhandenen Sorten können nur in ihrer Größe begrenzte Horste erhalten werden. Es kommt dabei nicht darauf an, die Wirkung in einer gärtnerischen Anlage auszuloten, sondern einen Überblick über die wesentlichen Eigenschaften einer Sorte zu erhalten.
Wir sind dankbar, dass dem Treffen von Frohreichs zugestimmt wurde und bei ihnen nicht die Sorge überwog, die Gäste könnten auf den schmalen Wegen zwischen den Beeten Schaden anrichten. Dadurch, dass auch nicht alle Anwesenden gleichzeitig auf Entdeckungstour gingen, lief alles sehr schonend ab und Klagen waren nicht zu hören. Wer nicht gerade die gepflanzten Sorten einer Begutachtung unterzog, konnte sich an den vielen verschiedenen, köstlichen Kuchen der Hausfrau stärken. Dabei wurde die Möglichkeit zum Informationsaustausch intensiv genutzt. Auch an den folgenden Tagen wurden die Kontakte untereinander weitergeführt und vertieft. Man glaubt nicht, was es da alles mitzuteilen und zu erfragen gibt. Wer sich schon länger mit Taglilien beschäftigt, gibt sich nicht wie noch vor 20 Jahren mit den einfarbigen Sorten zufrieden. Die Züchtung hat eine Entwicklung zu Augen, Rändern, Kräuselungen und Zahnung der Ränder durchgemacht. Alle diese Merkmale können in den verschiedensten Ausprägungen und Kombinationen auftreten. Doch damit nicht genug, inzwischen treten völlig überraschend sogenannte „Bärte“ auf den Blütenblättern oder auch „Broken Colors“ (gebrochene Farben, Streifen oder Flecke statt abgegrenzte Augen und Ränder) bei den Sämlingen auf. Die Schönheit liegt im Auge des Betrachters. Aus der Fülle der Möglichkeiten kann sich jeder einen Schwerpunkt bei seinen Anschaffungen auswählen. Eigene Themen sind auch Spider (die spinnenartigen mit den schmalen und langen Blütenblättern), kleinblütige Sorten, hohe Sorten, die gut zur Ergänzung in den Staudenrabatten geeignet sind usw. Da die meisten der Fachgruppenmitglieder darüber gut informiert sind, waren sie natürlich dabei, auf ihrem Gang durch die Beete alle Besonderheiten aufzuspüren und mit den anderen Anwesenden über die Qualität der erzielten Eigenschaften zu diskutieren. Die Beschränkung des Importes aus den USA, wo die professionellen Züchter durch ihre Klima-, aber auch künstlichen Bedingungen in Form von Schattendächern oder sogar Gewächshäusern für die Taglilien in wenigen Jahren überraschende Ergebnisse und Veränderungen bei den Blüten erzielen, macht es umso spannender, was die europäischen Züchter mit ihren Bemühungen erreichen können. Nicht alle Anwesenden beschäftigen sich mit Züchtung, sie können immerhin an den Ergebnissen der anderen partizipieren. Darum ist der Informationsaustausch auch so wichtig.
Welche Züchtungsziele verfolgen nun Peter und Katrin Frohreich? Sie selbst geben ihre Ziele wie folgt an:
- Die Pflanzen sollen eine zuverlässige Winterhärte zeigen, dabei fallen die wintergrünen schon mal durch.
- Neue Sämlinge sollen nicht nur ihr Laub gut vermehren, sondern auch viele Blütenstiele bringen, damit sich die Blütezeit über einen längeren Zeitraum hinzieht.
- Damit die einzelnen Blüten am Stängel gut zu sehen sind, werden bei neuen Sämlingen eine sehr gute Verzweigung gesucht. Ist das nicht der Fall, würden die Knospen alle in einem Knäuel am Kopf des Stängels sitzen und sich gegenseitig behindern.
- Frohreichs streben klare, saubere Farben an – eine Eigenschaft, die für die Gartenwirkung von großer Bedeutung ist.
- Bei der Frage der Form unterscheiden sich die Vorlieben der Hemerocallis-Freaks. Frohreichs sind offen für alle Typen von Hemerocallis, runde und auch die, die unter dem Begriff „Open Form“ in der amerikanischen Einteilung Spider, Unusual Forms (Ungewöhnliche Formen) und Exotics enthält. (Anm.: Wer sich dafür mehr interessiert, sollte sich das Buch „The Open Form Daylily“, herausgegeben von der American Hemerocallis Society, anschaffen. Das Buch ist günstig über Amazon zu beziehen.)
- Aktuell sind erste Erfolge bei Blüten mit Broken Colors zu verzeichnen, eine Züchtungsrichtung, die weiter verfolgt werden wird.
All diese angestrebten Eigenschaften an neuen Sämlingen erfüllt zu finden, erfordert ein kritisches Auge. Darum wird im Garten Frohreich auch schonungslos die Spreu vom Weizen getrennt und nur wenige neue Sämlinge erhalten einen Namen, unter dem sie registriert werden. Der Vergleich mit den zahlreichen aus anderer Quelle bezogenen Sorten ist dabei eine wichtige Hilfe bei der Auswahl.
Ein weiterer Höhepunkt des ersten Abends war wie immer die Versteigerung von gespendeten Pflanzen unter den Anwesenden. Dabei konnte so manches Schnäppchen gemacht werden, manchmal zum Leidwesen der unterlegenen Bieter.
Für den zweiten Tag unseres Treffens wurden uns zwei Gärten geboten, die beide in NRW zu den absoluten Rennern gehören. Es war dies am Vormittag der Privatgarten Kemper in Heek-Nienburg, dessen Schwerpunkt auf der Gestaltung kleiner Gartenräume mit vorwiegend Hostas in kleinen und großen Kübeln lag. Einige Hemerocallis streckten ihre hohen Stängel mehrmals dazwischen heraus. Wie zu hören war, erfreut sich dieser Garten auch des Interesses holländischer Gartenliebhaber, die auch wie wir mit einem Bus anreisen. Die Gestaltung dieses schmalen Gartens bis ins letzte Detail der vielen Nischen war beachtlich. Hier sind wirklich Liebhaber am Werk, die aber auch daran denken, ihr Reich anderen Gartenfreunden zu präsentieren. Auf der Webseite der Offenen Gärten von NRW können weitere Einzelheiten dazu gefunden werden.
Der Nachmittag war für eine Führung im 3000 qm großen Garten der Gärtnerei Picker in Borken-Weseke reserviert. Es ist unglaublich, was mit viel Engagement in nur zehn Jahren geschaffen werden kann, sodass wir aus dem Staunen nicht herauskamen. Ursprünglich stand auf dem großen Gelände nur ein Birnbaum und ein unbewohnbares Haus und jetzt fanden wir eine romantische Anlage, auf der bereits ausgewachsene Bäume Akzente für die vielen Themen der diversen Gartenräume setzten. Die teils persönlichen Geschichten des Chefs bei der Führung waren spannend und lösten ehrliche Bewunderung aus. Dieser Garten bietet sicher zu anderen Jahreszeiten noch mehr interessante Eindrücke und empfiehlt sich für einen weiteren Besuch, da dort wohl immer wieder etwas zu entdecken geben wird. Keine Gartenreise ohne ein Mitbringsel: darum wurde das Angebot der Gärtnerei gründlich einer Prüfung unterzogen und so manche Pflanze wechselte den Besitzer. Auch für diesen Garten kann die Homepage, auf der diverse Angebote für Besichtigungen zu finden sind, eingesehen werden.
Die Rückfahrt nach Glandorf-Schwege bot ausreichend Gelegenheit, wieder fit zu werden für das Abendprogramm, bei dem nach dem Abendessen die Mitgliederversammlung und anschließend eine Bildpräsentation von Christel Wölker und Tomas Tamberg ihrer neueren Züchtungen auf dem Programm stand. Von letzterem konnten auch Bilder der neuen Züchtungsrichtung mit „Broken Colors“ gezeigt werden. Von Christel Wölker war zu hören, dass sie sich auch auf die Züchtung von Hemerocallis mit Bärten auf den Blütenblättern konzentriert. Einen Bericht über die Landesgartenschau in Höxter erhielten wir von Manuela Siewers, die sich in den letzten Jahren um Kontakte mit dem Planungsteam gekümmert und auch um Spenden unserer Mitglieder für die Anpflanzung von Taglilien gekümmert hatte. Immerhin waren dadurch auch Taglilien in den Pflanzungen vertreten.
Am Sonntag konnte der Garten Frohreich noch einmal besichtigt werden. Auch hier war der Gedankenaustausch wieder sehr lebhaft und eigentlich wollte man noch gar nicht so schnell wieder die Heimfahrt antreten.
Durch die ausgezeichnete Organisation unseres Fachgruppenleiters, Bernd Färber, hatten wir ein sehr gelungenes Treffen. Es gab so viele Kleinigkeiten, an die schon Monate vorher gedacht wurde. Das waren zum Beispiel u.a. der Entwurf und die Auftragsvergabe für neue Medaillen für die bei der Bewertung durch die Fachgruppe prämierten Hemerocallis die Beschaffung von Pflanzen für eine Verlosung unter den teilnehmenden Mitgliedern, die Vorbereitung der Spenden für die Versteigerung, die Unterstützung unserer Gastgeber vor und während des Treffens. Darum sagen wir den Gastgebern und dem Organisator: Danke für diese wenigen, aber sehr ausgefüllten und informativen Tage!