Text und Fotos: ©2018 Helga Panten
Vom 31. August bis 2. September 2018 waren die Bonn-Kölner Staudenfreunde mal wieder auf Hollandtour. Im Mittelpunkt stand der Raum Groningen mit spannenden Zwischenstationen auf der Hin- und Rückfahrt.
Als erstes wartete der Tuin de Villa von Lily an Fried Frederix, in Persingen auf die Staudenfreunde. Der 2 ha große Garten überraschte mit seiner reizvollen Gliederung in den perfekt gepflegten Ziergarten rund um das Haus, in die wilde Wiese mit dem großen Teich und der wolkig geschnittenen Hecke als Begrenzung sowie – Höhepunkt für die Staudenfreunde – dem Gräsergarten am Ende des Grundstücks. Dessen elegante Horste und Büsche durchwebteeine lebendige Vielfalt aus Kerzenknöterichen, Hohen Verbenen, Bartblumen und der zitronengelben Staudensonnenblume ‚Lemon Queen‘.
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Der wunderbar gepflegte Ziergarten rund um das Haus von Tuin de Villa
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Reizvolles Kontrastprogramm dazu, der Gräsergarten im hinteren Teil von Tuin de Villa
Inmitten der kleinen Stadt Zwolle empfing Gartenplaner Harry Pierik die Staudenfreunde und sorgte für Staunen. Eben noch in der engen Zwoller Gasse und gleich hinter der Gartenpforte weit weg in einem „Urwald“, in dem die umgebende Stadt in Vergessenheit geriet. Dicht an dicht stehen die Pflanzen in seinem nur 1.000 qm großen Garten, wachsen miteinander und umeinander, bilden eine mächtige grüne Kulisse aus der „Efeu-Lianen“ herabbaumeln. Regelmäßiger Schnitt hält die Pflanzenfülle vital und auf rund 4 m Höhe. Schmale Pfade durchziehen das Grün, öffnen sich zu Rasenplätzen. Volieren voller Vögel entlang der Gartengrenze verstärken das Urwaldgefühl. Ein Garten mit ganz eigenem Charme und jenseits aktueller Trends.
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Wie Lianen wirken die bis knapp vor der Spitze entblätterten Efeu-Ranken im Garten von Harry Pierik
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Das dichte Miteinander der Pflanzen im Garten von Harry Pierik schließt die umgebende Stadt völlig aus
Mit Spannung wurde anschließend Liannes Ziergrassen, die viel beschriebene Groninger Prärie und Gärtnerei erwartet. Lianne Pot nutzt ihren 7.500 qm großen Schaugarten, um zu experimentieren. So wie in der Prärie lässt sie wachsen, ohne einzugreifen und beobachtet die dynamische Entwicklung der Gräser, die sich mit Astern, Stauden-Sonnenblumen, Rudbeckien, Liatris und vielem mehr mischen. Lebhaft diskutierten die Staudenfreunde, ob und wo Eingreifen nötig wäre oder nicht. Einen Extrablick wert war die nationale Gräsersammlung die Lianne Pot hält. Danach nahmen erste Gräser im Bus Platz.
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Inmitten der Groninger Prärie von Lianne Pot
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Blüten, Fruchtstände und Halme verweben sich zu einem reizvollen Miteinander
Zur großen Überraschung entwickelte sich der Besuch bei Rienk Bijma und Johan Jeltema am Rande der Groninger Altstadt. Drei Hinterhofgärtchen, alle zusammen 750 qm groß, erwarteten die Bonn-Kölner. Ein ehemaliger Gefängnisgarten zählte dazu sowie eine Fläche, die einst zum Parkplatz verkommen war. Jedes Gärtchen ein kleines Schmuckstück für sich, Oasen der Ruhe und Entspannung mitten zwischen den alten Häusern. Da die Gartenräume für die gesamte Gruppe zu klein waren, durfte die jeweils andere Hälfte das Haus besichtigen, das mit seinen alten Möbeln, Gemälden, Glas, Porzellan eine Vorstellung davon vermittelte, wie wohlhabende Niederländer in vergangenen Jahrhunderten gewohnt haben. Ein Schluck Wein zum Abschluss unterstrich die besondere Atmosphäre dieses Gartenbesuchs.
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Die klare Buchsbaumstruktur des Gärtchens von Rienk Bijma und Johann Jeltema antwortet auf die Architektur der umgebenden Häuser
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Die Taxus-Kulissen vor der mächtigen Efeuwand geben dem Groninger Gärtchen Geborgenheit
Nach einem Abendessen im Prinsenhof, in dem leider nur ein Blick aus von der Terrasse auf den Prinsengarten erlaubt war, und nach einer geruhsamen Nacht im NH-Hotel Groningen, ging es zur nächsten Gartenrunde. Die Kwekerij Jacobs in Vriescheloo machte den Auftakt. Nach einer nebligen Nacht kämpfte die Sonne sich durch die Reste des Dunstes und ließ die Tropfen auf Wedeln und Blättern des 6.000 qm großen Schaugartens blitzen. Ganz im Vordergrund standen die mächtigen Präriestauden und –gräser. Phloxe, Helianthus, die stattliche Aralia californica zeigten sich in großer Pracht, umschmeichelt von den Halmen der Miscanthus, Pennisetum, Molinia und vielen mehr. Viel bewundert die zauberhafte Solidago ‚Loysder Crown‘ in ihrem feinen Zitronengelb sowie die Helenium, von denen etliche Sorten aus der Züchtungsarbeit von Dori und Henk Jacobs stammen. Die beiden halten die nationale Helenium Sammlung. Kein Wunder, dass wieder eifrig gekauft und der Kofferraum des Busses gefüllt wurde.
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Nach nebliger Nacht ließ die Sonne die mächtigen Wedel der Miscanthus in der Kwekerij Jacobs leuchten
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Kaum merklich steuern Henk und Dori die Fülle der Astern, Phloxe, Helianthus und Gräser
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Wer konnte angesichts des unglaublichen Angebots schon widerstehen?
Es folgte das pure Kontrastprogramm zur Kwekerij Jakobs mit Tuinfleur, dem Garten von Rika und Pieter van Delden in Oostwold (Gemeente Oldambt). Durchkomponiert und von streng geschnittenen Hecken eingefasst und geformt, so präsentierte sich die „Gartenblume“. Das sehr lange, immer schmaler werdende Grundstück verlangt nach einer klaren Gliederung, die die Spannung beim Durchschreiten aufrecht hält. Elf Gartenräume von Heckenarchitektur eingefasst, reihen sich aneinander - jeder mit einem anderen Thema wie Hostagarten - mit 600 weitgehend makellosen Hosta -, Wassergarten, Meandergarten, Kunstgarten mit alljährlich wechselnden Skulpturen. Den Höhepunkt im wahrsten Sinne des Wortes bildete das „Belvedere“ am Ende des Gartens, das den Blick in die Landschaft eröffnet und hinüberführt zum Deich rund um das Oldamtsmeer. Während Rika die Staudenfreunde führte, bereitete Pieter uns ein vorzügliches Lunch, bevor er wieder seine elektrische Schere schulterte, um die endlose Heckenarchitektur in Form zu halten.
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Ausblick ins topfebene Land bietet das Belvedere im Tuinfleur-Garten, das von den strengen Hecken getragen zu werden scheint.
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Wie Säulen und Mauern gliedern die Heckenelemente den sehr langgestreckten Tuinfleur-Garten und machen ihn unverwechselbar
De kleine Plantage von Eric Spruit und Fleur van Zonneveld in Eenrum veranstaltete gerade ihre Liefhebbersdagen, Liebhaber-Tage, als die Staudenfreunde dort eintrafen. Anbieter von Blumenzwiebeln, Gartenbüchern und vielerlei Pflanzen erhöhten die Attraktivität der Plantage noch mehr. Eine lange, streng geschnittene Feldahorn-Achse gliedert das 1,2 ha große Grundstück in Gärtnerei auf der einen und Schaugarten auf der anderen Seite. Letzterem geben Hecken und großzügige zentrale Rasenflächen Ruhe und Rhythmus. Rechts und links davon öffnen sich Gartenräume, in denen üppige Borders, Beete und Gartenzimmer die Farben- und Formenvielfalt der Stauden zeigen. Gehölze wie Hortensien, Rosen, Clematis, Aralien, Ahorn und rotlaubiger Holunder ergänzen die Staudenfülle.
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Vielerlei Anregungen für den eigenen Garten zuhause boten die Gartenräume im Schaugarten von „De kleine Plantage“
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Ruhe fand das Auge, wenn es über die breiten Rasenachsen in die üppigen Pflanzungen der kleinen Plantage schaute.
Noch einmal tief in „nordamerikanische Prärie“ eintauchen ließ der Jakobstuin von Jaap de Vries und Maria van de Molen in Jistrum. Als Schauspieltechniker hat er ein besonderes Auge für Licht, Bewegung, Formen und Farben, was bei unserem Besuch Dank schräg einfallender Nachmittagssonne besonders gut erlebbar war. Über seinen Garten sagt er: „Mein Ziel ist ein Mittelweg zwischen dem naturalistischen Bepflanzungsstil von Piet Oudolf und Jan Spruyts Präriestil zu finden“. Bewusst verzichtet er auf Hecken und Gehölze, um den Präriecharakter und die Weite zu betonen. Man solle über die Pflanzen hinwegschauen, aber gleichzeitig die Beete auf breiten Rasenachsen durchqueren können, um in Kontakt mit der Farbenvielfalt und Struktur der Pflanzen zu kommen. Die Staudenfreunde taten das mit großem Vergnügen.
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Die Farbenpracht der Prärie bezauberte im Jakobstuin…
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… aber auch Formen und Strukturen gaben dem Garten seinen Charakter
Eigentlich war es damit schon mehr als genug des Erlebten. Aber direkt auf dem Rückweg zum Hotel lag der Kempkensberg und an dem vorbeifahren, das ging einfach nicht. Das elegante, weiße Bürogebäude des Kempkensbergs ist 92 m hoch und umfasst 25 Etagen. Entsprechend groß musste der Parkraum dimensioniert werden. Aber statt der üblichen Asphaltfläche mit ein paar kümmerlichen Bäumchen entstand über den Parkflächen ein riesiger Garten voller Präriestauden und Gräser. Er lässt das an ein Kreuzfahrtschiff erinnernde Gebäude wie auf einem grünen Meer schwimmen. Taxushecken und heckenartige Efeuelemente gliedern die überbordenden Pflanzungen und bremsen den für Hochhäuser typischen Wind. Wie schräg gestellte Pulte ragen die Eingänge zur Tiefgarage daraus hervor, von Stauden überdeckt. Ein grandioser Anblick, der den zusätzlichen Stopp mehr als rechtfertigte.
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Als Windbrecher und Gliederungselemente zugleich dienen die Efeuwände und Taxushecken
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Wie ein grünes Meer legt sich die Dachgartenanlage des Kempkensbergs um das Bürohochhaus
Das Tuingoed Foltz in Meeden stand am nächsten Tag als erstes auf dem Programm. Trotz des Sonntags öffnete die Gärtnerei von Andreas Bierling und Bob Foltz für uns; neben den vielerlei Schaugärten stießen die Pflanzensammlungen – Salvien und Echinacea als nationale Sammlungen, Geranium, Epimedium und Hosta - auf großes Interesse. Sehr überraschend der „tropische“ Garten, der mit dem voluminösen Laub von Bananen, Colocasia und Aralien prunkte.
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Breite Sortimente von Geranium, Hosta, Echinacea und vielem anderen lockten im Tuingoed Foltz
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Tropische Üppigkeit vermittelt das Beet im Tuingoet Foltz, in dem blattschöne winterharte und nicht winterharte Gewächse miteinander wachsen
Temperamentvoll erläuterte Anja Broekhuis in Albergen den Staudenfreunden die Entstehung ihres Gartens „Het Plantzoentje“, das Pflanzenküsschen. Der 3.000 qm große, liebenswürdige Privatgarten sprühte nur so vor Farben. Gewohnte und seltenere Pflanzen verbindet sie zu einer üppigen Farbenpalette, in die verschiedene Gräser subtil hineingewebt werden. Ein Weiher mit feuchtigkeitsliebenden Pflanzen, viele Rosen, sowie behagliche Sitzecken vervollständigen den Garten, der sich an ein Bauernhaus anlehnt. Pergolen von Kletterpflanzen umrankt geben dem Garten Struktur. Auch hier wurden die Staudenfreunde mit einem Lunch gestärkt.
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Anja Broekhuis begeisterte die Staudenfreunde mit ihrer Freude ihrem Gefühl für Pflanzen
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Nicht nur im Plantzoentje begeisterte Solidago ‚Loysder Crown‘ mit Farbe und ansprechendem Wuchs
Nach all den großen Gärten führte der Garten von Veroni und Bennie Meier in Delden wieder zurück zu eher gewohnten Dimensionen. Den 1.000 qm großen Privatgarten mit seinem langgestreckten, dreieckigen Grundriss gliedert eine lange Rasenachse mit einem Rasenrondell in der Mitte. Rechts und links erstrecken sich Borders voller Stauden, die Veroni durch passende Sommerblumen ergänzt, um den ganzen Sommer hindurch fröhliche Farben zu haben. Höhe und Struktur bringen Sträucher und Obstbäume in die Flächen, die auch der Selbstversorgung dienen.
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Unbekümmert mixt Veroni Meier Stauden und Sommerblumen, damit es den ganzen Sommer hindurch fröhlich blüht
Schon wieder zurück in Deutschland, wo die Auswirkungen des trockenen Sommers deutlicher spürbar waren, als in den Niederlanden, stand als letztes der Garten von Elisabeth Schwietering in Heek auf dem Programm. Inspiriert von Maurice Vergot hatte sie ihren 4.000 qm großen Landhausgarten im „belgischen Stil“ angelegt. Er zeigt Stauden in unüblichen Kombinationen. Dabei ist es ihr Ziel, Blumen und Sträucher nach dem Zeitpunkt ihrer Farbe und Blüte zu gruppieren, so dass die Anlage jeden Monat ein anderes Gesicht erhält.
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Elisabeth Schwitering ließ sich durch den belgischen Staudengärtner Maurice Vergot inspirieren
Danach ging es gestopft voll mit Eindrücken und hochzufrieden zurück nach Köln und Bonn.