Terra Preta und Kon-Tiki?
Ja, was sind denn das für Begriffe, werden sich viele Leser fragen? Auch ich und mein Ehemann waren neugierig und ließen uns gern auf den am 10. November 2018 im ega-Park Erfurt stattfindenden Workshop ein. Da wir selbst leidenschaftliche Hobby-Gärtner sind, kam uns die Einladung auf die ega (Erfurter Gartenbauausstellung) am Ende der Gartensaison ganz gelegen. Wir waren sehr gespannt, was uns zu diesem Workshop erwarten würde.
Ich kann es vorwegnehmen: Es sollte ein sonniger und wunderbar lehrreicher Sonnabend Nachmittag werden.
Petra Schollmeyer, die Leiterin der Regionalgruppe Thüringen, der Gesellschaft der Staudenfreunde e. V. (GdS), hatte zwei Fachleute aus Franken für diese Veranstaltung gewonnen: Stefan Strasser, Bio-Gärtner in Permakultur, von der Lilien-Arche und Terra-Preta-Experte aus Erlangen und Norbert Schmäling aus Oberthulba, ebenfalls ambitionierter Selbstversorger-Bio-Gärtner. Herr Strasser begann mit Engagement, Humor und Kennerschaft von dem unbekannten Stoff „Terra Preta“ zu erzählen und zog die 20 Teilnehmer des Workshops, darunter war auch Herr Türke stellvertretender Leiter der Regionalgruppe Fulda - Vogelsberg der GdS, sofort in seinen Bann. Er berichtete, dass die Indios in Südamerika bereits vor über 3.000 Jahren „Terra Preta“ nutzten – die sogenannte „Schwarze Erde“. Und erst in den 1960er Jahren entdeckten Wissenschaftler diesen fruchtbaren tiefschwarzen Boden im Amazonasgebiet und standen vor einem Rätsel. Denn der Regenwald galt als karg und nährstoffarm. Aber die alten Kulturvölker haben sich die fruchtbare Erde regelrecht gebraut: aus einem Gemisch aus Pflanzenresten, Dung und Pflanzenkohle von den Herdstellen. Sie reicherten damit den Boden an und machten ihre Äcker fruchtbar.
Durch Forschungsprojekte und Weiterentwicklung dieser alten Praxis entstand in unseren Breiten schließlich auch ein großes Interesse an diesem wundersamen Naturprodukt. Es stellte sich heraus, dass man durch Pyrolyse (Zersetzung infolge von Temperaturen um die 450 bis 600 Grad) den gesamten, also vollständigen, Ast- und Holzschnitt verkohlen kann und dabei das Ausgangsprodukt für die Terra Preta entsteht. Die Pflanzenkohle ist sozusagen die Hefe für den Teig, die ziemlich viele günstige Eigenschaften hat:
- sie bietet unzähligen Mikroorganismen Lebensraum,
- sie kann bei Trockenheit Feuchtigkeit an die Pflanzen abgeben,
- sie erhöht nachhaltig den Humusanteil in den Böden,
- sie kann Nährstoffe für Pflanzen besser verfügbar machen,
- sie fördert Pflanzenwachstum und die Pflanzengesundheit und –
man kann sie, wenn man will, selbst herstellen!
Diesem ausführlichen theoretischen Teil folgte nun der ebenso interessante Praktische.
Herr Schmäling hatte seine gesamte Ausrüstung aus seinem Heimatort Oberthulba auf einen Hänger geladen und nach Erfurt gefahren, um den Teilnehmern den „Kon-Tiki“ – so nennt sich der Pyrolyseofen – vorzuführen. Der Kon-Tiki ist ein zweimanteliger Stahlkessel, innen schräg verlaufend und mit Lüftungslöchern im untersten Bereich versehen. Man füllt diesen Kessel (200 l) mit trockenem Astwerk und lässt es bei hoher Temperatur verkohlen. Dabei entstehenden lediglich sehr geringe Emissionen, die mehr als aufgewogen werden durch die langfristige Bindung des CO2 in der entstehenden hochwertigen Pflanzenkohle. Nach etwa 2 bis 3Stunden im Kessel ist die Pflanzenkohle fertig. Nun wird Wasser von Unten in den doppelwandigen Behälter geleitet und der Prozess rauchfrei beendet. Die abgelöschte Kohle kann nun aus dem Kessel entnommen und zerkleinert den im Garten anfallenden Pflanzenresten bzw. dem Grünschnitt 1:10 schichtweise untergemischt werden. Das Ganze muss nun unter einer lockeren Plane, ähnlich einem Heuhaufen, etwas ruhen, und nach ca. 3 Monaten (in der kalten Jahreszeit dauert es länger) kann man das Substrat als Nähererde an die Pflanzen im Garten streuen. Diese werden es garantiert durch Blühfreude und Fruchtbarkeit danken; eine Ausnahme bilden allerdings säureliebende Pflanzen wie etwa Rhododendren oder Erikagehölze. Übrigens – gekaufte Grillholzkohle ist für die Herstellung von Terra Preta nicht zu empfehlen. Durch das fehlende Ablöschen ist sie nicht gecrackt. Da man die Herkunft des Holzes nicht kennt (Asien, Africa, Tropen), könnten Schadstoffe enthalten sein, die man in seinem Garten lieber nicht haben möchte.
Alle Arbeitsschritte sowie Vorzüge dieser vorgeführten, interessanten Technik zu erläutern, fehlen mir hier Platz und Zeit. Dass man den Pyrolyseofen im Handumdrehen auch zum Grillen verwenden kann, ist ein nicht zu verachtender „genüsslicher“ Vorzug. Zu unserem ega-Workshop machten wir von dieser Möglichkeit Gebrauch, und Pascal Klenart von der Staudengärtnerei in Stotternheim verwöhnte uns als Grillmeister mit leckeren Spezialitäten.
Für uns war der Nachmittag eine tolle Erfahrung. Wir nahmen uns auch gleich einen Beutel der frischen Pflanzenkohle mit nach Hause. Danke an die Organisatoren und die ega-Park-Leitung.
Anni & Reinhard Hellwig, Schloßvippach
©2018
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