Panicum, die Staude des Jahres 2020

Eine etwas kritische Betrachtung

Und wieder kürt der Bund deutscher Staudengärtner (nach der Gattung Carex im Jahre 2015)  eine komplette Gattung zur „Staude des Jahres 2020“, obwohl nur ein winziger Teil davon wirklich von gärtnerischem Interesse,  zumindest für den Gartenfreund aus Europa ist.

Die Gattung Panicum (Rutenhirsen) umfasst, je nach Auffassung der Bearbeiter, zwischen 400 und 500 ein- oder mehrjährige Arten. Die wenigsten davon sind in unseren Breiten ausreichend winterhart, die meisten unbekannt. Viele der Einjährigen sind Getreidelieferanten, und man findet sie hier oft auch als Beimischungen zum Vogelfutter. Manche dieser Arten, wie Panicum dichotomiflorum oder auch Panicum capillare werden verschiedentlich kurzzeitig kultiviert. Es sind Neophyten aus Nordamerika.

Lese ich aufmerksam den Text des „Bund deutscher Staudengärtner“ wird hier fast ausschließlich auf die Art Panicum virgatum mit ihren Sorten Bezug genommen. Das Vorkommen der Art erstreckt sich von den Hochgrasprärien des mittleren Westens der USA bis hinunter in die südöstlichen Prärien von Texas, was das Interesse an diesen Gräsern verstärkt.

Panicum virgatum
Foto: Claus Gering - Panicum virgartum

Panicum amarum `Dewey Blue` erfährt eine beiläufige Nennung wegen ihrer Salztoleranz. Der Rest wird nicht einmal erwähnt.

Weshalb also muss eine sehr umfängliche Gattung „Staude des Jahres 2020“ sein, wenn im Wesentlichen nur eine Art gemeint ist…

dichanthelium_clandestinum
Foto: Claus Gering - Dichanthelium clandestinum

Es sind hier also fast ausschließlich die Sorten von Panicum virgatum aus der Hochgrasprärie von Interesse. In mitteleuropäischen Gärten werden sie deshalb mit etwa 30 +/- Sorten, Panicum amarum, die Bittere-, oder Küsten-Rutenhirse mit der Sorte ‚Dewey Blue‘ und sehr selten Panicum rigidulum, die Steife oder Rotköpfige Rutenhirse, die heute Coleataenia rigidula genannt wird, kultiviert. Gelegentlich findet man noch die Bambushirse Dichanthelium clandestinum unter der alten Bezeichnung Panicum clandestinum. Alle diese Arten sind zuverlässig winterhart zwischen -30 bis -40° C (Z 5 - 4). 

Zwischen 2010 und 2015 erfolgte eine Sichtung der bekannten Sorten von Panicum virgatum und von 2016 bis 2018 eine Nachsichtung neuerer Sorten durch den Arbeitskreis Staudensichtung unter der Leitung von Prof. Dr. Bernd Hertle. Die Sichtungsergebnisse können in der GP 01/2016 und 01/2019 und im „Staudengarten“ 01/20 nachgelesen werden.

Ich möchte mich bei der Vorstellung dieser ausgesprochen attraktiven Gräser auf die Sorten  beschränken, die ich -  zum Teil langjährig - in unserem Garten kultiviere.

Panicum virgatum hat bezüglich verschiedener Umweltfaktoren, wie Feuchtigkeit und Licht, eine weite ökologische Potenz. So werden längere Perioden mit viel Niederschlägen ebenso gut ertragen wie die in den vergangenen Jahren häufigeren Dürreperioden. Das entspricht auch den klimatischen Gegebenheiten in ihren natürlichen Habitaten. Dauerhafte Schäden wurden hier in keinem Falle festgestellt. Die Sorten zeigten auch keine flagranten Änderungen in Färbung oder Standfestigkeit.

Die Auswirkungen der Lichtintensität und konkurrenzstarker Begleitflora auf den Pflanzenwuchs war dagegen merkbar. Schattenpflanzen, die dazu noch im Einflussbereich von Gehölzen standen, blieben kleiner als freistehende Exemplare.

Panicum Northwind
Foto: Claus Gering - Panicum virg. "Northwind" im Präriegarten von Lianne Pot in De Wilp

Zu meine Favoriten gehören die hohen, grünlaubigen `Northwind‘ und `Cloud Nine`, da sie den vertikalen Aspekt in der Pflanzung betonen. Hier sind sie im Spätsommer gemeinsam mit den hohen Chinaschilfsorten, auch mit der attraktiven Themeda triandra, bis in den Dezember hinein strukturbestimmend.

Panicum Cloud NinePanicum Rotstrahlbusch
 Foto: Claus Gering - Panicum virg. 'Cloud Nine'                                    Foto: Claus Gering - Panicum virg. 'Rotstrahlbusch'

Auflockernd, mit manchmal leicht überhängendem Wuchs, immer mit bestechender Orange- bis Rotfärbung das Laubes in verschiedenen Tönungen im Spätsommer und Herbst, machen `Shenandoah`, `Rotstrahlbusch‘ und `Kurt Bluemel‘ auf sich aufmerksam.


Fotos: Claus Gering - Panicum virg. 'Kurt Bluemel'

Gerade aber die gerühmte Sorte `Shenandoah` ist im Handel etwas problematisch. Was so alles unter diesem Namen zu finden ist, kann nur darauf hindeuten, dass hier ungeprüft Sämlinge vermarktet werden. Solche Verkaufspraktiken sind supekt, aber der modernen, vorrangig gewinnorientierten Handelsstrategie, scheint es, immanent. Ich bin von solchen Lieferungen schon oft „getroffen“ worden. Wenn man seine Pflanzen bei Staudengärtnern kauft, passieren solch ärgerlichen Fehlkäufe sehr selten.

Panicum Shenandoah
Fotos: Claus Gering - Panicum virg. 'Shenandoah'

 In unserem Staudengarten sind alle hier auch in Bild vorgestellen Rutenhirsen unverzichtbar, weil strukturbildend und ausdauernd und deshalb ausnahmslos empfehlenswert.

Text und Bilder: Claus Gering

Veranstaltungen

Für Ihre Auswahl gibt es leider keine Veranstaltungen.